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Oh Geliebte! Ich war es doch vor kurzen noch gewöhnt, alle Wege allein zu gehen, alles mit mir selber abzumachen. Ach, mag es Dich ganz glücklich machen zu wissen: daß ich ohne Dich gar nimmer gehen kann und mag! Ich kann nicht mehr sein ohne Dich, Geliebte!!! Und Du bist nun auch mit mir, solange ich lebe!
Liebe macht blind. Dieses Wort kann verschieden betont werden und damit verschieden verstanden. Einmal meint man damit, daß die Liebe an allen Schwächen vorbeisehen läßt. Ein andermal, und so möchte ich es anführen, daß die Liebe uns ganz erfüllt, daß wir alles um uns her vergessen, daß alles um uns her versinkt vor dem reichen Erleben der Liebe
Nun werdet Ihr nochmal euren Lieblingsspaziergang machen und Abschied nehmen, für unbekannte Zeit. Auf die Berge werdet Ihr steigen, damit Euch alles noch einmal zu Füßen ausgebreitet liegt, was Ihr in dem verflossenen Jahre doch auch ein wenig lieb gewonnen habt in seiner fremden Schönheit. Die Stadt, die auch Euch beherbergte; Euer lieber Nachbar, der stolze Olymp!
War ein interessanter Tag heute. Großes Wecken mit Gewitter: rollte tatsächlich ein Donner heute früh, einen mächtigen Guß gab es, ein besonderes Schauspiel im Angesicht unseres Platzes, der bald mit Bächen durchzogen war – und nachher einen Regenbogen, eine Seltenheit am frühem Morgen.
Spaziergang durch die Straßen bewegte, das erzählst Du mir. Ich kann mich nach Deiner Schilderung so lebhaft in Deine Umgebung versetzen, ach – in Wirklichkeit würde mir alles noch viel fremder erscheinen, als in Gedanken heute. Und ich kann nur zu gut verstehen, daß Du nicht für Dein ganzes Leben dort bleiben möchtest.
Ich habe heute vergeblich wieder auf den Briefträger gewartet. Es war nichts von Dir dabei, Herzelein. Muß ich mich halt noch einen Tag länger gedulden. Ach, ich will es so gerne, ich weiß ja, daß mein Warten belohnt wird. Du schreibst, daß bei Euch die Post wieder gut geht. Da muß es sich ja nun auch bei uns hier einrichten.
Ein bewegter Tag neigt sich seinem Ende, bewegt nur im äußeren Sinne. Gekrönt und überformt wird er von Deinem lieben Boten – und beschlossen wird er nun mit Deinem Gedenken. Die Schreibstube habe ich heute nur kurz am Vormittag gesehen. Um 10 Uhr mussten wir zu einer Prüfung unsrer Gasmasken erscheinen. Im Reizraum ward erprobt, ob sie auch dichthält und uns schützen kann im Ernstfall.
Am Sonnabend also Ausgang. Ich freue mich, daß Du etwas Schönes erlebt hast. Die beiden Mozartsonaten sind mir bekannt, ich habe sie selbst schon gespielt. Sie haben meiner Erinnerung nach auch noch ein paar tiefere Gedanken; während die Präludien von Chopin mehr klaviervirtuoser Art sind.
Du liebes, armes Schätzelein mußt auch zu viel Geduld haben!! Zuerst auf meinen Boten warten, die unpünktlichen. Jeden Tag schicke ich einen auf den Weg. Möcht nur mal mit ihnen gehen und sehen, wo sie sich so verweilen. Geb ihnen allen doch die schnellen Flügel meiner Liebe und Sehnsucht mit. Die nichtsnutzigen Bummelanten!
Gestern abend war es spät geworden im Frauendienst. Bin erst nach 11 Uhr heim. Es war ein schöner Abend. Nach der Ehrung sprach der Pfarrer noch von der russischen Frömmigkeit. Er las aus einem Brief eines Missionars, der voriges Jahr an den Grenzgebieten gewirkt hatte und auch bis zum Ladoga-See vorgestoßen war, von dem jetzt wieder ab und zu die Rede ist im Wehrmachtbericht.