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Ist es doch zu Dir gekommen, in der Nacht, auf den Flügeln der Sehnsucht, den schnellen, mit den Strahlen der Liebe, den allgegenwärtigen. Ich habe doch auch von Dir geträumt von Dir in der vergangenen Nacht; aber der Traum ist nur undeutlich gewesen. Ich weiß doch bald nimmer, wie mein Schätzelein dreinschaut, trotz der vielen Bilder, die ich bei mir habe.
Ein bewegter Tag neigt sich seinem Ende, bewegt nur im äußeren Sinne. Gekrönt und überformt wird er von Deinem lieben Boten – und beschlossen wird er nun mit Deinem Gedenken. Die Schreibstube habe ich heute nur kurz am Vormittag gesehen. Um 10 Uhr mussten wir zu einer Prüfung unsrer Gasmasken erscheinen. Im Reizraum ward erprobt, ob sie auch dichthält und uns schützen kann im Ernstfall.
Dein lieber Dienstagbote ist zu mir gekommen. Ein wenig erschrocken bin ich, ein wenig ist mir das Blut in die Wangen getreten – und nun überlege ich mir schon den ganzen Nachmittag, wie ich denn habe so schwermütig und betrübt sein können, und mit welchen Worten und Gedanken es geschah.
Nun kann ich wieder zu Dir kommen, der Dienst ist aus. Das Abendbrot ist vorüber, die Uhr zeigt ½ 7. Und draußen ist‘s noch ganz hell, eben geht die liebe Sonne unter. Was wirst Du denn treiben, Schätzelein? Vorhin schluckte es mich so sehr. Mußt Du doch mal ganz besonders lieb an mich gedacht haben, gelt?
Viel versteht Dein Mannerli nicht von der Marine – wird ja auch nie damit renommieren, höchstens vor seinem Weiberl zum Spaße, werd mich auch immer hüten, mich in Gespräche darüber einzulassen – aber ich habe einmal gehört, daß die 101 eine gewisse Bedeutung hat beim Salutschießen. Und nun kommt doch heute von Dir der 101. Bote.
Es ist noch Dienst. Aber ich bin so fein allein und komme gleich einmal zu Dir! Wirst vielleicht eben aus Deinem Dienst zurücksein, von Deinen Lieben – und nun wartet zu Haus Dein großer Bub – wartet auf sein Herzlieb, daß es zu ihm kommt – ach, und wenn es müde ist, daß es nur bei ihm ausruht, daß es sich an ihn lehnt, daß es in seinen Armen ruht – das ist doch schon alles Glück, Du!
Ich denke des Herrn Oberlehrers K., dessen Freundschaft mir geholfen hat, mich zurechtzufinden. Ach Herzelein! Eines hat dieser Beruf doch den meisten voraus und mit dem der Forscher oder sonst eines ungebundenen Schaffenden gemeinsam: daß er Zeit läßt zu einer Lieblingsbeschäftigung und Kraft mit Zeit, ein liebes, liebes Nest zu bauen und mit einem geliebten Weibe, mit Dir!
Wie man auch rechnen mag hier und da: der Krieg bleibt ein großes Unglück für ein Volk. Und was will es bedeuten, wenn ein mächtiges politisches Gefüge zwar das Ergebnis ist, aber die Menschen darin sind gebrochen in ihren moralischen Kräften, haben den Reichtum der Persönlichkeit verloren. Ich glaube, es kann auch ein Staatsmann von einem Wahn besessen sein.
Endlich stehen die Räder wieder einmal still. Sonntagabend ist wieder. Vor acht Tagen – so gehen die Gedanken zurück zu den Stunden, in denen die Liebe so eng das Band um uns schlang – Geliebte! Gehen und zurück und fassen es kaum, wie all das verschwunden sein, wie ich nun heute hier in der Ferne sitzen kann.
Du! Du!!! Wenn mir freie Zeit mehr bleiben sollte als früher, so will ich doch in erster Linie sie dazu nützen, die Verbindung mit der Heimat noch besser zu pflegen, zuerst dazu, mit den nächsten Verwandten, mit den Brüdern zumal, etwas regelmäßiger zu schreiben – es scheint mir nichts besser und wichtiger.
Heute hatten wir ein Gespräch von Sofia, hab ich gleich mal nach K. gefragt – er ist wieder nicht beim Lehrgang gewesen, steckt also noch immer in Saloniki. Will in den nächsten Tagen mal versuchen, mit Kamerad H. zu sprechen. Ist verboten, die Fernleitungen mit Privatgesprächen zu belasten.
Ach, es ist mir nun wieder so deutlich zum Bewußtsein gekommen heute, ein wie gnädiges Schicksal mir beschieden ist! Der Kamerad hat mir nun von Saloniki erzählt. Ein Kommen und Gehen ist da nun auch gewesen, fast alles ist nun auch zum Unteroffizier ausgewählt – und wenn der Krieg noch länger dauert, werden das auch noch lauter Feldwebel. Mit Kamerad ^H. ist er mehrmals zusammengetroffen.
Heute will das Mannerli mal fein zeitig ins Bettlein gehen. Ist jetzt immer etwas spät geworden, gestern abend ja, weil ich Dienst hatte. Müde bin ich jetzt noch nicht, aber es kann schnell kommen. Aber erst muß ich noch zu meinem Herzensschatz kommen. Wo ich jetzt noch so fein allein bin. Ach Du – fein ist’s allein – ich wünschte es mir immer so – oder eine so gute Harmonie wie in Saloniki.
Kann ich Dir auch noch ein anderes sagen: Du schreibst in einem anderen Zusammenhange, daß Rumänien doch stark nationalsozialistisch beeinflußt sei. Es gibt hier eine Partei, die Legionäre oder Grünhemden, die ähnliche Zielsetzungen hat wie unsre Partei, besonders in der Judenfrage. Diese Partei ist jetzt verboten, schon länger. Aber es arbeitet im geheimen, gerade auch in den letzten Wochen, sodaß selbst im Rundfunk davon gesprochen wurde. Die Anhänger erwarten deutsche Unterstützung und sympatisieren [sic] stark mit uns im Gegensatz zu einer englandfreundlichen Strömung. Aber Deutschland ist o gegenwärtig nur an der Festigkeit dieses Staates gelegen.