Zeige Ergebnisse 1 bis 20 von 20
Schätzelein! Das Mannerli sitzt wieder einmal im Wachstübchen – und die Zeit wird ihm doch gar nicht lang, noch weniger als früher beim Wachestehen – weil er heimdenken kann – zu Dir! zu Dir!!! Bei Tage habe ich doch heute mal dem Schulrat einen Brief geschrieben – seit über einem Jahr wieder einmal.
Noch nicht in S. [sic], in Belgrad noch um diese Abendstunde, die achte Stunde zeigt die Uhr. Mit 5 Stunden Verspätung kamen wir hier an, weiß nicht, wo sie unser Zug sich geholt hat. Und nun gab es keine Weiterfahrt, dafür aber eine lange Schlange, die sich zur Sammelstelle bewegte. Die Rückreise aus dem Urlaub ist bei mir noch keinmal glatt gegangen.
Vor einer halben Stunde kam ich zurück aus der Stadt, ich hatte noch Verschiedenes zu besorgen. Es dreht sich überhaupt alles nur noch um die Reise — und die Tage sind ausgefüllt bis in’s Letzte. Ich will Dich aber trotz allem Drasch nicht stiefmütterlich behandeln, Du! Kannst nur keinen sehr langen Brief bekommen.
Und doch weiß auch ich, daß es geschieht. Nicht genug damit, daß der Mann auf Jahre seiner Frau fern sein muß, bestimmt man daheim auch noch über Frau und Kind. Ist es nicht eigentlich furchtbar? Von der einen Seite ist es eine Freiheitsbeschneidung schroffster Art, von der anderen Ehrendienst am Volke.
Draußen ziehen mit vernehmbarer Musik die Nationalsozialisten vorbei, nach dem Jahnhause zu, die Führerrede anzuhören. Obgleich ich mir einbilde, daß auch ich ein guter Nationalsozialist bin, halte ich es doch für wichtiger an meinen lieben Freund zu schreiben, als ebenfalls zuzuhören.