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Heute ist kein Bote gekommen von Dir. Das erste Mal setzt die Post damit heute aus. Aber ich denke nichts Schlimmes, der Brief wird irgendwo liegen geblieben sein und morgen sicher kommen. Weißt Du, was das Neueste ist bei uns? Zweierlei. Es hat heute zum ersten Male geschneit! Aber ganz naß nur. Und ich bin doch gleich mit den schönen Stiefelein zum Markt gegangen heute.
Und wenn auch wieder dunkle Wolken am Himmel aufgezogen sind: der Einbruch der Amerikaner in Westfranzösisches Kolonialgebiet (Afrika - Marokko) so wollen wir uns nicht beirren lassen im Glauben und in der Zuversicht an ein gutes Ende. Unser Führer wird alles tun, die Not des Krieges im Vaterland von uns abzuwenden.
Du! Es ist jetzt ½ 400 [Uhr], schon beginnt es zu dunkeln, ich habe noch einen Gang zur Frau L. vor heute abend vor der Singstunde. Es handelt sich um Konzepte für Gedichte und Verslein, die meine Kinder aufsagen sollen. Am kommenden Sonnabend haben wir auch wieder Arbeitstagung in Chemni[tz], da kommen wir auch erst im Dunkeln heim. Wie schön ist es da, daß ich Deine Lampe habe! Sie leistet mir wirklich gute Dienste! Es gibt bei uns so wunderselten mal eine Batterie.
Mit Frau L. war ich nun wieder bei den Frauen der Kinderschar. Man hat uns Lieder gelernt, neue Weihnachtslieder und auch vielerlei Bastelanregungen gegeben. Es war ein ausgefüllter Nachmittag. Aber ich kann so nicht mit, wie manche Frauen es tun. Ich muß halt ein bissel meinen eignen Weg gehen, Du weißt schon in welcher Hinsicht! Du! Und es gibt auch Frauen, die sich wirklich ganz und gar für die Kinderschararbeit einsetzen.
Daß sie das schöne Herrenzimmer verkauft, das wundert mich sehr. Ich denke, daß sie Geld braucht, weil ja alle die Mietzinssteuer vorausbezahlen müssen. Sie ist zur Hausbesitzerin geworden unverhofft und hat sicher selbst kein Vermögen, um nun den Bestimmungen gerecht zu werden. Ich muß immer daran denken, was diese Frau nun wohl alles durchhat mit ihren 50 Jahren. Einer Frau den Mann genommen, das ist nicht schön.
Der Dienst war nicht weiter anstrengend. Immer Durchgangsverkehr im Wehrmachtraum. Ich habe Suppe ausgeteilt, gekocht und aufgewaschen. Gegen 8 Uhr abends war ruhige Zeit und diese Gelegenheit nutzte ich, die Hauptwachführerin zu fragen, ob ich meinen Dienst beenden darf, da 815 [Uhr] mein Zug fährt! Glück muß man haben! Genehmigt. Und schwupp! war ich um die Ecke.
Ach Herzelein! Wie ein ausgestoßenes ausgesetztes Kindlein wäre ich, wenn Du mich aus Deiner Liebe tätest – fände mich gar nimmer zurecht in dieser Welt – Du! Du!!! Ach Du behältst mich lieb! Du behältst mich ganz lieb! Und ich berge mich in Deiner Liebe, ich hänge mich an Dich wie ein Kind, daß Du mich liebhaben mußt! Ach Herzelein! Was red ich da – Du! Du!!! Weil ich Dich so lieb habe – und weil ich so glücklich bin, daß Du zu mir gekommen bist in Deinem lieben Boten.
Aber Du weißt es, Geliebte!! Dieses Bedenken ist kein lustloses, liebloses Vorgehn, nicht etwa Freude am Quertreiben oder gar Mißgunst. Oh, Du weißt es: Mein Bedenken und Raten wird bestimmt von einem eisernen, zähen Willen, der wiederum genährt wird aus meiner Liebe zu Dir: Dich ganz festzuhalten! Unsre Freiheit, unser Recht zu wahren! Unser Glück, unseren Schatz zu hüten und zu behaupten. – Herzelein, wird einzig bestimmt aus dieser Herzensregung und diesem Willen.
Ach, es ist mir nun wieder so deutlich zum Bewußtsein gekommen heute, ein wie gnädiges Schicksal mir beschieden ist! Der Kamerad hat mir nun von Saloniki erzählt. Ein Kommen und Gehen ist da nun auch gewesen, fast alles ist nun auch zum Unteroffizier ausgewählt – und wenn der Krieg noch länger dauert, werden das auch noch lauter Feldwebel. Mit Kamerad ^H. ist er mehrmals zusammengetroffen.
Oh Du! Ich muß Dir zum Danke immer wieder sagen, wie Du meines Lebens Sonnenschein bist, Geliebte! Wenn in die eintönigen Tagesgeschäfte dann gegen Abend Dein lieber Bote kommt – dann springt die Tür auf zum Herzen – dann tut sich das Fenster auf zur Heimat, zur Zukunft. Oh Geliebte! Und was gäbe es Lieberes, als nun nach des Tages Geschäften an dem Fenster zu stehen, mit Dir Zwiesprache zu halten, die mit mir in Zukunft leben will, als in diese Zukunft zu schauen, wo Du mir immer ganz nahe sein wirst. Es gibt nichts Lieberes – es gibt nichts Kostbareres.
Zum morgen noch erkundigte ich mich nach dem Dienst und gingt triumphierend mit dem Bescheid davon, daß ich erst am Montag dran sei. Zu früh gejubelt. Im späten Vormittag rief er an – [Nordhoff], U.v.D., für einen, der übermorgen abkommandiert wird zum Kursus nach Nikolajew, wo Kamerad H. jetzt ist. Dagegen war nichts zu machen – und wenn ich nicht gerade erfreut war, so hat es mich doch in meinen Plänen auch nicht gestört, ach vor allem darin nicht, daß ich mit Dir alleinsein kann.
Man möcht’ sich als Weibel auch sorgen um alles, wenn die bösen Soldaten das Mannerli gefangenhalten so lange, daß es wieder zum Junggesellen wird und aller liebenden Sorge entwächst. Aber ach – Du!!! Du!!! Nach diesen kleineren Sorgen hin brauche ich doch den Kopf nicht mir zerquälen: mein Schätzelein ist so artig und folgt lieb! Viel lieber sicher als ich, wo auf mich eine Mutsch aufpasst!
Nun lese ich doch Deine Einstellung zum Möbelkauf in Kamenz. Und es will mir richtig bissel bang werden vor der Eiseskälte mit der mein Mannerli zuschaut! Ach Liebstes Du! Es gefällt mir doch, daß Du so bist! Und ich begreife doch Deine Haltung ganz recht. Unterdessen aber hat sich doch nun alles geklärt und so zu meiner Freude gewandelt, wie sich’s gewiß auch zu Deiner Freude wandeln wird. Gewiß, Herzelein!
Sie haben den Anstoß dazu gegeben, daß ich mich mehr als sonst mit mir selbst beschäftige. Auf meinen Spaziergängen und Wanderungen sind Sie mein unsichtbarer Begleiter und Zuhörer, der mich nötigt, Rechenschaft abzulegen, mich mitzuteilen und verständlich zu machen, sind Sie die geheimnisvolle Person, die mich nötigt, meine Sachen, mein Leben zu ordnen.
66. Sonntag, am 27. Dezember 1942. Geliebter! Mein allerliebster, bester [Roland]! Du! Du! Wie kann man nur so dumm sein und an den schönen Feiertagen von zuhaus [sic] fortlaufen! Wie kann man nur! So frage ich mich vorwurfsvoll, jetzt, da ich hier sitze im sonnenüberfluteten, warmen Stübel. Ach [...]
Am zuversichtlichsten sprach Hermann Göring – er spricht als einziger die Hoffnung auf den Frieden aus – Adolf Hitler ist bedeutend vorsichtiger – er spricht wieder von dem Kampfplatz, auf dem einmal einer als letzter stehen wird – einmal – Ach weißt, ich gebe auf diese Reden nichts – sie sind alle zu einem Teil in ihrer Wirkung berechnet. Die regierenden Männer könnten uns auch einmal ihre Erwartungen sagen, die sie auf Grund ihres Überblickes, ihres Einblickes in die Kräfteverhältnisse, ihrer Berechnungen haben – aber das tun sie nicht – das können sie nicht [...]
Das neue Stapelbuch bringt wieder solche Fülle und Summe von Gedanken – ich freue mich recht sehr darüber – und finde darin so vieles, worauf ich wartete – ach Herzelein, eine Bestätigung auch unsrer Haltung – es macht doch Freude, seine Haltung wieder einmal recht beleuchtet und bestätigt zu finden, seine Stellung zu erkennen, seinen Platz.