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Nun werdet Ihr nochmal euren Lieblingsspaziergang machen und Abschied nehmen, für unbekannte Zeit. Auf die Berge werdet Ihr steigen, damit Euch alles noch einmal zu Füßen ausgebreitet liegt, was Ihr in dem verflossenen Jahre doch auch ein wenig lieb gewonnen habt in seiner fremden Schönheit. Die Stadt, die auch Euch beherbergte; Euer lieber Nachbar, der stolze Olymp!
Nun sitze ich wieder vor dem weißen Bogen. Eben habe ich noch einmal gelüftet – und beim Hinaustreten auf den Balkon, da bannte der gestirnte Himmel meinen Blick. Ein prachtvoller Sternenhimmel wie selten daheim. Und eben vor mir unser schönstes Sternbild am nördlichen Himmel, der Orion. Oh Geliebte! Welch ein Strahlen, welch eine Pracht, himmelweit, weltumspannend.
Nun kann ich wieder zu Dir kommen, der Dienst ist aus. Das Abendbrot ist vorüber, die Uhr zeigt ½ 7. Und draußen ist‘s noch ganz hell, eben geht die liebe Sonne unter. Was wirst Du denn treiben, Schätzelein? Vorhin schluckte es mich so sehr. Mußt Du doch mal ganz besonders lieb an mich gedacht haben, gelt?
Wie man auch rechnen mag hier und da: der Krieg bleibt ein großes Unglück für ein Volk. Und was will es bedeuten, wenn ein mächtiges politisches Gefüge zwar das Ergebnis ist, aber die Menschen darin sind gebrochen in ihren moralischen Kräften, haben den Reichtum der Persönlichkeit verloren. Ich glaube, es kann auch ein Staatsmann von einem Wahn besessen sein.
Als ich mich vorhin durch das Dunkel tappte, mußte ich daran denken, wie wir beide die ersten Male so allein durchs Dunkel tappten – der Herr mit dem Fräulein [Hilde] – ach Du! 'Sie' sagten wir zueinander noch! – denkst Du noch daran? Mit dem Fährboot hinüber zur Stadt Schandau, in tiefer Nacht – und dann eine gute Stunde Weges noch in schwarze, dunkle Nacht – ach Du! Herzelein! Herzelein!
Sonnabend ist wieder. Ein wenig bereitet man sich doch auf diesen Tag und den Sonntag darauf. Und was sonst sich spannt für den Dienst, das spannt aus schon in der Voraussicht freier Stunden. Und dieses Ausspannen hier bei den Soldaten ruft das Bewußtsein der Leere doppelt hervor, einer Lücke, einer Hohle. Die Arbeit vermag vergessen machen – aber die Ruhe ruft alle Erinnerung herauf.
Hier am Stadtrande stehen Kasernen, liegt auch ein großes Spital, Kriegslazarett. Und hier umfängt einen ein ganz anderes als großstädtisches Treiben. Joppen und Pelzmützen, Kopf- u. Umschlagtücher, helle Schürzen, mitunter auch vollständige Trachten, so steht das hier herum u. wandelt auf und ab, umsteht die einfachen Verkaufsstände: Obst und Zuckerzeug werden feilgehalten. Ich glaube, das ist das rumänische Volk. Viel Bauerngesichter, rund, klein und eng der Blick, das Gesicht nur nächste Sorgen verratend.
Und wenn auch wieder dunkle Wolken am Himmel aufgezogen sind: der Einbruch der Amerikaner in Westfranzösisches Kolonialgebiet (Afrika - Marokko) so wollen wir uns nicht beirren lassen im Glauben und in der Zuversicht an ein gutes Ende. Unser Führer wird alles tun, die Not des Krieges im Vaterland von uns abzuwenden.
Wir haben umgeräumt zur Wintersaison! Das heißt so viel: der Küchentisch steht nun wieder vorn bei der Tür, damit man die Speisen bei der Hand hat, wenns [sic] nun so kalt wird – das Bänkel ist im Vorsaal aufgestellt. Mutsch hat noch feine Vorhänge drangemacht, weil die alten ganz zerschlissen waren. Schön sind sie, weiß mit blauen Streifen unten am Ende. Wenn Du nochmal heim darfst, bevor Frühling wird, dann kannst Du alles ja selber begutachten.
Mit Frau L. war ich nun wieder bei den Frauen der Kinderschar. Man hat uns Lieder gelernt, neue Weihnachtslieder und auch vielerlei Bastelanregungen gegeben. Es war ein ausgefüllter Nachmittag. Aber ich kann so nicht mit, wie manche Frauen es tun. Ich muß halt ein bissel meinen eignen Weg gehen, Du weißt schon in welcher Hinsicht! Du! Und es gibt auch Frauen, die sich wirklich ganz und gar für die Kinderschararbeit einsetzen.
Wie gut haben es alle Soldaten hier, so gut eben, daß den meisten zu wohl wird dabei, daß sie sich vergessen, daß sie – wo sie doch nichts gewinnen können in der Etappe (höchstens unser Ansehen im Auslande mehren) – auch noch so manches verlieren – daß ein mancher das Beste verliert – daß er nicht ein froher Heimkehrer sein kann dereinst, nicht ein froher Sieger.
Es waren aber schon so viele Kinder im Kino, als wir ankamen, sodaß nur noch Stehplätze frei waren. Da sind wir zur Schulstraße hoch gelaufen, weißt? nach [sic] der Kirche zu, in Limbach und haben uns mal die selbstgebastelte Spielwarenschau des Limbacher BDM und des Jungvolkes angeschaut. Schön war das! Allerlei nette Spielsachen konnte man bewundern, die zum Weihnachtsfest an Soldatenkinder verteilt werden sollen.
Am kommenden Montagabend bin ich zur Amtswaltersitzung eingeladen im Rathaus. Ich möchte kommen, weil vieles zu bereden sei, wegen Frau S., des Frauenschaftsführerin, die ja nicht da ist. Na, dann muß ich mich schon mal sehen lassen, damit ich wenigstens auch weiß, was gespielt wird.
Ein herrlicher Tag ist draußen heute. Mannerli wird nachher gleich mal hinausgehen – stadtwärts – hat Geld bekommen – und nun hat es nicht eher Ruhe, als bis es damit etwas angestellt hat - will nachher gleich mal ausziehen für den Urlaub – für den Geburtstag - etwas zu kaufen – das tu ich doch so gern!!!
"Es mangelt jeder Einfühlungsvermögen – Ich bin der festen Überzeugung, daß der Krieg sich in seinem endlichen Verlauf demnächst entscheiden wird und es sich immer klarer herausstellen wird, wer schließlich die Oberhand behalten wird! [...] Deutschland kann nur gerettet werden, wenn die geistigen Menschen wieder Oberhand gewinnen über die sich überall breitmachenden Wegelagerer."
Ein klein wenig kann ich mir das Durcheinander daheim schon ausmalen. Die Schlangen vor den Meldeämtern zum freiwilligen Einsatz – – Haben wir die Rede also doch miteinander gehört. Und die Stimme des Volkes – – es ist noch die gleiche wie ehedem und überall – heute Hosiannah – und morgen Kreuzige ihn – an diesem Instinkt mangelt es uns eben [...]