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Ich habe heute vergeblich wieder auf den Briefträger gewartet. Es war nichts von Dir dabei, Herzelein. Muß ich mich halt noch einen Tag länger gedulden. Ach, ich will es so gerne, ich weiß ja, daß mein Warten belohnt wird. Du schreibst, daß bei Euch die Post wieder gut geht. Da muß es sich ja nun auch bei uns hier einrichten.
Die Mutsch ist in Chemnitz, Vater ging vorhin nach Mittelfrohna, um ein wenig zu helfen. Ich könnte mir doch heute einen Mann einladen!! Und ich hab’s schon getan! Einen, der jetzt mit mir Mittagstunde hält! Du kennst ihn schon!! Aber heute ist sie nicht bequem auf dem Sofa – sondern fein sittsam am Tische hinter’m Schreibepapier! Die Mittagstunde mein’ ich!
Ach ja – das wird nochmal ein großes Durcheinander geben bei allen Mädchen und Frauen. Auch Mutters Chef muß schließen. Es bleiben in Oberfrohna nur noch 3 große Firmen für Textil offen: Hermann Dittrich, Hermann Grobe und Georgi u. Weißbach. Diese dürfen nur Heereslieferung arbeiten, = Soldatenwäsche.
Freitagabend – wieder verronnen eine Woche. Die nächste sieht uns schon vor dem Osterfest. Die Griechen feiern es an denselben Tagen. Osterfest – es wird daheim noch wenig österlich ausschauen nach diesem harten Winter. Wir hatten heute wieder einen Prachttag. Aber am Westhimmel künden dunkle Wolken ein[e] Änderung an. Auch das unruhige Meer heute abend deutet darauf hin.
Und es war eben Kirmesstimmung, trotz der Zeiten. Wir spannten uns auch gleich mit ein: Kuchenschneiden, Geschirr bereitstellen, ach und der hundert Handgriffe mehr. Um 3 [Uhr] ging dann der Drasch los und wir kamen nicht mehr zu Atem bis abends um 900 [Uhr]. Um die Zeit war die letzte Portion raus, dann hatte die liebe Seele Ruh! Durch das Prachtwetter hatten wir Gäste über Gäste!
Du, Schätzeli! Wir waren doch gestern in Limbach einkaufen. Und sind wahrhaftig erst 1/2 700 [Uhr] wieder heimgekommen. Ab 3 Uhr sind die Geschäfte offen. Es war schwerlich, unsre Wünsche zu erfüllen. Es macht keinen Spaß mehr, einzukaufen. Die Mutsch kriegt keinen Hut. Ich keinen Besatzstoff für meinen Mantel. Und vieles andre ist noch, was man bis zum Frieden zurückstellen muß.
Am 2. Feiertag ging ich doch spazieren am Nachmittag – und wenn ich so spaziere und meinen Schritt gehe, da spinnt sich doch meist ein Gedankenfaden an, ganz deutlich wird mir dann manches – und an dem Nachmittag fand i[ch] mein Frohsein gar nicht, ich fand Dich nicht recht – erst am Abend wieder. Ich schob es erst darauf, daß ich etwas schlecht ausgeschlafen war. Du – nicht, daß ich denke, Du habest mein nicht gedacht – nein, ich denke, daß Du selber gestört wurdest in Deinem Innern.
Wir sangen auf den Gängen unsre Lieder, dann gingen wir mit den Gaben von Bett zu Bett und die Verslein wurden angesagt. Die Soldaten freuten sich sehr, das las man ihnen vom Gesicht ab. Die Frauenschaft hatte feinen Kuchen gebacken, da schmunzelten sie natürlich auch! Bis nach 5 Uhr dauerte das Ganze, weil wir diesmal in jedem Zimmer waren. Es dunkelte schon langsam, als wir heraustraten.
Wir hatten heute Nacht 4 Mann Einquartierung! Als ich gestern gegen Abend von Limbach heimkomme, ist Besuch da: M.s aus Chemnitz. Ich war sprachlos. Sie wollten übers Wochenende zu Oma, weil Onkel Fritz wahrscheinlich zum letzten Mal auf Urlaub zuhause ist, er soll ins Feld kommen.
So leid mir es immer ist, wenn man unsere Geheimnisse kontrolliert, so bin ich doch auch gewissermaßen froh, wenn mal ein Mensch mit eigenen Augen sieht, welch reiche, tiefe Liebe noch lebt unter den Menschen, welch reine Liebe, lautere Liebe! Muß diejenige Person nicht irgendwie davon angerührt werden?
Das Hauptereignis hat ja alles andere zurück gestellt, das unser Privatleben bewegt. Unsere führenden Männer machen Geschichte, alle Welt sieht auf uns in dem Augenblick, wo unser Führer im letzten Augenblick eine Maßnahme ergreift, die wohl keiner von den übrigen Staaten vorausgesehen hat und – die uns vielleicht vor großem Unheil im Lande bewahren wird; angenommen, der Engländer wäre uns zuvorgekommen!
Den ganzen, langen Montag hab ich Dich verfolgt mit meinen Gedanken. Jede Umsteigestadion [sic], jeden Aufenthalt, die lange Wartezeit bis es mittags 1200 war, alles hab ich verfolgt. Ja und dann, Du? Von da ab konnte ich Dich nicht mehr finden, und ich quälte mich auch nicht, zu rätseln, wohin die Fahrt gegangen sein mag