Neuengamme

Abbildung mehrerer Bündel Briefe aus dem Konvolut Neuengamme, von Kordeln zusammengehalten, in einem Schuhkarton durcheinander gewürfelt.

Die Briefe von Hannelore und Heinrich Wilmers befinden sich im Archiv des Kultur- und Geschichtskontors in Hamburg-Bergedorf. Über 1600 Briefe und Karten wurden von den Autoren nummeriert, sortiert und sorgfältig zu je 100 Stück gebündelt aufbewahrt. Die von Hannelore Wilmers verwahrte Feldpost beginnt im Mai 1940 und endet im April 1945. Zum Konvolut gehören viele weitere Dokumente zur Familiengeschichte aus der Zeit vor und nach dem Zweiten Weltkrieg.

Heinrich Wilmers schrieb in Sütterlin bzw. deutscher Kurrentschrift, Hannelore Willmers in Sütterlin oder auf einer Schreibmaschine. Gelegentlich verschlüsselten sie Nachrichten. Sie schrieben sich fast jeden Tag, selten war eine Briefpause länger als drei Tage. Sie schrieben sich Karten, kurze Nachrichten in Päckchen und bis zu 8 Seiten lange Briefe. Sie führten Buch über gesendete und erhaltene Briefnummern, kaum einer ist verlorengegangen.

Eine ausführliche Darstellung zu Überlieferung und (ortho-)graphischen Besonderheiten dieses Briefwechsels sind in dieser PDF nachzulesen. Unsere editorischen Eingriffe im Verlauf der Produktion sind hier dokumentiert.

Die Schreibenden  tauschten sich in ihren Briefen über Privates aus – Liebe, Ehe, Familienleben, Freundes- und Bekanntenkreis. Sie berichteten sich gegenseitig von ihrem Alltag und besonderen Erlebnissen im Krieg – an der Front und in der Heimat. Sie schrieben über den Kriegsverlauf und politische Ereignisse, viel über Schul- und Bildungspolitik. Zu ihren Themen gehörten auch Bücher, Filme, Musik, Veranstaltungen, Rätsel und die Versorgungssituation mit Dingen des täglichen Lebens. Sie träumten miteinander von der Vergangenheit und von der Zukunft.

Das Paar lebte in Neuengamme im Hamburger Stadtteil Bergedorf. In der Nähe befand sich das damalige Konzentrationslager, die heutige Gedenkstätte Neuengamme. Heinrich Wilmers war 10 Jahre älter als Hannelore Wilmers. Sie lernten sich auf einer Tanzveranstaltung im Hamburger CURIO-Haus kennen und heirateten im August 1940. Er war Lehrer, sie arbeitete bis zur Geburt des ersten Kindes als Stenotypistin im Büro einer Fabrik. Er diente im Krieg als Soldat an der West- und an der Ostfront, sie lebte während dieser Zeit zum Teil bei ihren Eltern, aber auch mit Kind in der gemeinsamen Wohnung. Beide waren in das familiäre, gesellschaftliche und Vereinsleben ihrer Zeit sehr gut integriert. Dies spielt eine große Rolle in diesem Briefwechsel. Auch das Lager Neuengamme und Zwangsarbeit in Vierlanden finden Erwähnung. Über die Familienmitglieder von Heinrich Wilmers in Niedersachsen und über Hannelore Wilmers Familie in Neuengamme und Niedersachsen wird oft berichtet, sowie über viele ihrer Freundinnen und seine Kollegen.

 

Collage von Schriftstücken, Dokumenten und Postkarten aus dem Konvolut Neuengamme.
Collage von Schriftstücken, Dokumenten und Postkarten aus dem Konvolut Neuengamme, 1938-1945.

 

Es wurden insgesamt 110 Ergebnisse zu dieser Auswahl gefunden.
Eine kleine Probe von unserem gestrigen Kuchen ist auch dabei. Die anderen leckeren Sachen sind leider nicht transportfähig.
Jetzt heulen die Sirenen. Das wird noch eine lange Nacht werden. Sie schießen kräftig. Wir müssen in den Keller. Papa sagt, der neue Luftfahrt – Minister stellt sich vor!
Alle Landwirte auch in unserer Battr. erhalten einen 4 wöchigen Urlaub. O wäre ich Bauer!!
Laß Dir den Inhalt dieses Päckchens gut schmecken. Es ist leider ja immer ziemlich dasselbe drin, aber ich habe sonst nichts zum Schicken.
Heute habe ich Deinen Brief vom 30. erhalten. ... Über Deinen Brief war ich sehr traurig. Da freut man sich, wenn ein Brief ankommt, u. dann steht so etwas drin.
Heute sind Hitler u. der Duce ja wieder am Brenner zusammen gekommen, ob das eben solche Folgen hat wie damals? Wie denkst Du über den weiteren Verlauf? Wird es in diesem Jahr noch was?
Gestern habe ich auch an die Bergedorfer Sparkasse geschrieben, daß sie Dir meine Kontoauszüge schickt. ... Falls Du Geld benötigst, hoffe ich, daß Du mit Ausweis von meinem Girokonto 6210 jetzt abheben kannst. ... Den Hutkauf kann ich nun nicht mehr[...]
Einem Urlauber das Paket mitgeben, ist schön und gut. Der jeweilige Urlauber packt aber selbst ein nettes Paket, außerdem hat er ältere und bekanntere Kameraden, die auch ein Paket zum Mitnehmen bereithalten.
Ich stoße nach Möglichkeit alles ab, was mich irgendwie unnötig belasten könnte. – Zigaretten brauchst Du mir auch wirklich nicht zu schicken, die gibt es hier zahlreich genug. ... Falls Du mir ein Päckchen schickst, lege Zahnpasta bei, die ist hier[...]
Ich habe es inzwischen ja nun auch eingesehen, daß es für einen Soldaten nicht gerade schön ist, einen Hut zu kaufen. ... wenn Du dort noch einen schönen Wollstoff für eine Bluse oder ein Kleid bekommen könntest ... Wenn Du zuffällig Gummiband[...]
Dies ist nun schon das zweite Mal, daß ich heute an Dich schreibe, einmal kurz nach dem Aufstehen u. jetzt kurz vorm Zubettgehen. Dazwischen liegt ein langer Tag. ... Gleich künden sicher die Sirenen wieder den Besuch der Engländer an. Gute Nacht ...
Neulich ist mir das noch gar nicht aufgegangen, daß das Brief Nr. 1 sein sollte, da habe ich Dir ja auch noch den Vorschlag gemacht, unsere Briefe zu numerieren, und Du warst schon längst dabei. Einmal habe ich es inzwischen ja nun auch schon[...]
In bezug [sic] auf Bücherlesen muß ich Dir mitteilen, daß es keinen Zweck hat mir große Sachen zu schicken.
Heute schicke ich Dir 2 Päckchen.
Ich schicke Dir Wolle ... Dann sind belgische Süßigkeiten für jeden beigefügt.
Wir hatten heute morgen schon Feldgottesdienst. Der Pastor, auch Hamburger, war schwer in Ordnung, ein Kämpfer um Religion und ethische Werte, durchaus kein Dogmatiker.
Mit diesem Päckchen erfülle ich einen eigenen Wunsch: Dir eine Kleinigkeit aus Feindesland zu schicken. Das, was ich so haben wollte, habe ich natürlich nicht bekommen können.
Ist es nicht besser, wenn wir unsere Briefe numerieren [sic], dann können wir besser kontrollieren, ob auch alle überkommen. Ich will heute einmal damit anfangen.
Kommen die Engländer dort jede Nacht? Wie denkst Du denn nun über den weiteren Verlauf? Geht es noch rüber auf englisches Festland?
Du stellst eine Anfrage betr. der Reichszeitung. Die gelesenen Artikel waren schon in Ordnung. Es ist aber so; hier werden sehr viele Zeitungen, große und kleine, ins Haus geworfen, in denen ich allgemeine Politik, Aufsätze und Abhandlungen finden[...]
Ernst war Freitagmorgen auf Urlaub gekommen. Er liegt auch bei Ostende. Wenn er zurückkommt, will er Dich aufsuchen. Soll ich ihm etwas für Dich mitgeben?
...wir waren hier kaum auf der Bildfläche erschienen, da hatten wir schon Unterricht über Geheimhaltung. Mein Kamerad O. erhielt vorgestern auch einen Brief, der von der Wehrmacht kontrolliert worden war. Es werden schon reichlich Stichproben[...]
Und der Weg ist weit, der hierher führt. ... Beim Überspringen eines Grabens habe ich mir dann noch einen Bluterguß am rechten Fuß zugezogen. ... Und was sonst so vor sich geht, verstehe ich nicht alles, schreiben kann ich nichts. Wir warten, hoffen[...]